The Dead Don't Die - die einzigartige Horrorkomödie mit staraufgeboit

Jim Jarmuschs neuster Film The Dead Don't Die feierte am 14. Mai 2019 als Eröffnungsfilm bei den internationalen Filmfestspielen von Cannes Premiere und läuft ab dem 13.06. 2019 auch in den deutschen Kinos an. Weswegen er die Meinungen spalten wird und für wen die ca. 105 Minuten lange Zombiekomödie einen Kinobesuch wert ist, erfahrt ihr in dieser Kritik.

Im friedlichen Örtchen Centerville begleiten wir die beiden Polizisten Cliff (Bill Murray) und Ronnie (Adam Driver), wie sie versuchen die Streitigkeiten zwischen dem Farmer Miller (Steve Buscemi) und dem Einsiedler Bob (Tom Waits) zu schlichten, als sich plötzlich eine Reihe sonderbarer Ereignisse in der Kleinstadt ereignen.
Beginnend mit stehenbleibenden Uhren, dem Scheinen der Sonne zur Abendzeit und merkwürdigen Verhalten der Tiere, werden die Einwohner der Stadt allmählich Opfer einer Zombieapokalypse.
Die Prämisse per se ist nichts Neues, entfaltet sich jedoch nur langsam, wodurch es so wirkt, als hätte man den ersten Akt eines Zombiefilms auf 1h und 45 min gestreckt. Im Mittelpunkt stehen dabei besonders die skurrilen Hauptfiguren, denn neben den beiden Polizisten lernen wir noch den Elektriker Hank (Danny Glover), eine Gruppe Teenager (u.a. Selina Gomez), die sonderbare Katana-schwingende Schottin Zelda Winston (Tilda Swinton) und den Einzelwarenhändler Bobby Wiggins (Caleb Landry Jones) kennen. Bereits hier fällt auf, dass The Dead Don't Die mit einem wahnsinnigen Staraufgebot glänzen kann. Selbst Punkrock-Legende Iggy Pop spielt als Zombie eine kleine aber feine Nebenrolle. Bemerkenswert ist aber vor allem, dass bei diesem Figuren-Gewusel kein Charakter wirklich zu kurz kommt und jeder seine eigenen besonderen Eigenschaften mit sich bringt. Das Schauspiel ist dabei eher minimalistisch gehalten und eine gelungene Abwechslung zu den anderen Rollen dieser Stars.

 

Durch den Fokus auf die Charaktere und durch das langsame Tempo folgt die Handlung auch keinem richtigen Rhythmus. Das kann grandios nach hinten losgehen, doch bringt sich hier tatsächlich gut in die Grundstimmung des Films ein. Man muss sich eben nur darauf einlassen können. Auch sonst ist die Handlung eher banal und vorhersehbar. Im Gegensatz zu anderen Zombie-Filmen, finden sich die Bürger hier einigermaßen schnell mit der Tatsache ab, dass es überhaupt Zombies gibt, wodurch die typischen Diskussionen über das Thema "Zombie", welche schon oft genug in anderen Filmen durchgekaut wurden, größtenteils vermieden werden. Dafür bleibt dann auch gleich mehr Zeit für den Humor und die anfangs nur angerissene Sozialkritik, welche dem Zuschauer am Ende dann aber nochmal wie mit dem Vorschlaghammer ins Gesicht gehämmert wird. Die Aussage, dass wir im Prinzip selber Zombies unserer eigenen Gelüste sind, seien es Smartphones, Kaffee oder sexuelle Anziehung, wird leider, kurz und ziemlich oberflächlich thematisiert. Allerdings trägt es auch zur Komik bei, Zombies zu sehen, die eigentlich nur auf der Suche nach Kaffee oder dem nächsten Bluetooth-Empfang sind.

Iggy Pop als Kaffeesüchtiger Zombie
Iggy Pop als Kaffeesüchtiger Zombie

So ziemlich alles, was hier passiert, ist eine Parodie berühmter Zombie Klassiker und Genre-Klischees. Von The Walking Dead über Tanz der Teufel bis hin zu George A. Romero bekommen dutzende Genre-Vertreter ihr Fett weg. Beispielsweise sind alle Hauptcharaktere klassische Archetypen bekannter Zombie-Streifen. Seien es die Polizisten, der Nerd, welcher sich über Filme etc. einen Wissensschatz über Untote angeeignet hat, oder eine Tilda Swinton, welche mithilfe eines Katanas die Ghule aufmischt. Alles hat man schon einmal hier und da gesehen. Leider hat man aber auch die Parodie dieser Klischees schon hier und da einmal gesehen, womit wir zu einem der großen Probleme des Films kommen: Es fühlt sich einfach weitestgehend sehr bekannt an, wodurch einige Gags an Schlagkraft verlieren. Hinzu kommt, dass sich The Dead Don't Die auch gleichzeitig an den verarschten Klischees bedient, um seine Geschichte zu erzählen. Es ist eine schmale Gratwanderung zwischen dem Parodieren bestimmter Themen und dem Bedienen an diesen und eben diese Gratwanderungen gelingt Jarmusch leider nicht immer.
Nichtsdestotrotz machte sich bei mir ein seltsames Gefühl breit. Ja, es fühlt sich alles sehr bekannt an - Aber trotzdem auch so einzigartig, denn durch den sehr eigenen, fast schon cineastischen, Stil, bekommt die Parodie ein ganz eigenes Gefühl. Es ist quasi Zombieland für Filmstudenten. Dieser Stil wird daher auch einige Zuschauer verschrecken und ist auf keinen Fall auf die breite Masse zugeschnitten.

 

Doch so cineastisch einiges auch sein mag, so flach sind ein Großteil der Witze. Jarmusch beweist leider nicht immer ein Gespür für Comedy-Timing. Daher gibt es einige Gags, die zu dick aufgetragen sind oder zu lange ausgespielt werden. Vor allem durch die hohe Gag-Rate gibt es auch den ein oder anderen Rohrkrepierer. Der überwiegende Teil funktioniert aber glücklicherweise und die Witze, die funktionieren, sorgen dann auch für lautes Gelächter im Saal. Dazu gehört vor allem eine ganz spezielle Art des Humors: Die Metaebene!
Womit wir auch zu dem Alleinstellungsmerkmal des Streifens kommen. Die Metaebene wird dabei nur in vereinzelten Szenen wirklich offensichtlich, doch trägt zu der sehr besonderen Art der Charaktere bei. Dies führt zu seltsamen, sich wiederholenden Phrasen oder hölzernen Dialogen. Wirklich offensichtlich wird sie aber erst in Situationen, wie beispielsweise zu Anfang, wenn der, eigens für den Film komponierte, Song "The Dead Don't Die" von Sturgil Simpson (welcher ebenfalls eine Gastrolle als Untoter erhält) im Radio gespielt wird und ein Charakter erkennt, dass es sich um das Titellied des Films handelt, oder kleine Anspielungen auf Adam Drivers Mitwirken an Star Wars gebracht werden.
Gerade diese Spielereien machen wirklich Spaß, auch wenn das Prinzip der Metaebene z. B. in dem Deutschen Genre-Film Schneeflöckchen um einiges prägnanter ausgespielt wird.

 

Bill Murray, Chloë Sevigny und Adam Driver im Kampf gegen den Weltuntergang
Bill Murray, Chloë Sevigny und Adam Driver im Kampf gegen den Weltuntergang

Wer ein atemberaubend blutiges Actionspektakel erwartet, dürfte wohl eher enttäuscht aus dem Kino treten, denn der Kampf gegen die Untoten geht relativ ruhig und vor allem spät zu. Wenn aber mal ein Kopf abgetrennt oder Körper verspeist wird, dann sind die handgemachten Effekte auch überzeugend. Anders als man es von Zombie-Splattern gewöhnt ist, sind die Ghule keine Blutbeutel, deren Innereien die schöne Machete einsauen, sondern bestreuen diese höchstens mit etwas Asche. Das ist zwar wenig spektakulär, sieht aber überraschend gut aus. Die zerfleischten Menschen hingegen dürfen auch ruhig ihre Eingeweide und Blutvorräte präsentieren. Das ist dann auch wieder so schön ekelig, wie man es sich von so einem Film auch wünscht, geschieht aber vergleichsweise selten.

Jarmusch spielt inszenatorisch mit kurzen Zeitlupen und einem Voice Over, welcher größtenteils vom Einsiedler Bob übernommen wird. Die Musik untermalt das Geschehen stimmig und gerade der vorhin erwähnte Titelsong trägt sich durch den gesamten Film und bereichert die Atmosphäre mit einem idyllischen Country-Sound.

Einen Knackpunkt gibt es allerdings für alle Synchro-Schauer. Während die absurden Dialoge im wesentlichen gut auf Deutsch transportiert werden, gelingt es nicht Tilda Swintons Figur glaubwürdig zu vertonen. Statt eines schottischen Akzents spricht sie einen extrem aufgesetzten amerikanischen Akzent, wie ihn eigentlich nur ein Deutscher nachmachen würde. Vor allem da ihre schottische Herkunft thematisiert wird, kratzt der Akzent leider an der Darstellung der Figur. Dementsprechend würde ich jedem, der die Möglichkeit hat, zum OV raten. Wer sich allerdings nicht daran stört, ist mit der Synchro gut bedient.

Abschließend ist es nicht besonders einfach eine generelle Bewertung für den Zombieland-Konkurrenten zu finden. Wer sich nicht mit Jarmuschs Stil anfreunden kann, sollte auch um diesen Film einen großen Bogen machen. Wer tatsächlich nur ein Zombieland oder Schaun of the Dead 2.0 erwartet, wird wohl auch nur mäßig zufrieden gestellt werden, aber wer eine ruhige und etwas andere ironische Aufarbeitung des Stoffs sehen möchte, der sollte The Dead Don't Die definitiv eine Chance geben.

Ich persönlich, habe mich gut unterhalten gefühlt, kann aber auch verstehen, wenn der Film einen so gar nicht abholt.

 

Bewertung: 7/10

Lauflänge: 105 Min.

FSK: 16

 

Quellen: IMDB, Wikipedia, Filmstarts, Universal Pictures Germany

 


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