"Sommerhaus, später": Wie dein Umfeld dich verändert

 

Der menschliche Geist ist ein hochkomplexes, vielschichtiges Gebilde. Eine Ansammlung verschiedenster Charakterzüge, die jedes Individuum einzigartig machen. Doch er ist ebenfalls beeinflussbar. Es ist unvermeidbar, dass das Umfeld einer Person auch unmittelbar Teil von ihr ist.

 

Vor allem das Phänomen der Gruppenzugehörigkeit ist genauso alltäglich wie der Griff in den Kühlschrank.

 

 

 

„Sommerhaus, Später“ handelt zu großen Teilen von dieser Gruppendynamik. Daher lässt sich ebenso die Persönlichkeit der Erzählerin in vielen Punkten hinsichtlich dieses Phänomens analysieren. Innerhalb ihrer Clique lebt sie ein augenscheinlich ein zwangloses Leben, welches bei genauerer Betrachtung genau so von Normen bestimmt ist, wie das eines jeden anderen. Um ihren Charakter also zu verstehen, muss man sich zunächst ihren Freundeskreis ansehen.

 

Die Gruppe symbolisiert einen spezifischen Lebensstil. Sie grenzen sich bewusst von dem gewöhnlichen Leben ab und wehren sich gegen das Erwachsenwerden. Diese subkulturellen Züge sind bezeichnend für das Zusammenleben in den meisten Cliquen, welche in der Regel aus Jugendlichen besteht. Zudem zeichnen sie sich durch ein distanziertes Verhältnis zu Außenstehenden aus. Ihre rebellische Attitüde und der Wunsch nach Anerkennung verleiten die Erzählerin innerhalb der Gruppe sogar teilweise zu Vandalismus. Die bewusste Abgrenzung von dem gewöhnlichen Lebensstil zeigt sich in dem „neurasthenischen Blick“, den sie im Gesicht tragen. Dies verdeutlicht, dass die Clique sich für gehobener hält, als ihre außenstehenden Mitmenschen. Außerdem lässt sich darin eine fehlende Selbstreflexion erkennen, da ihnen ihr rücksichtsloses Verhalten nicht nur unbewusst ist, sondern ihnen auch als gerechtfertigt erscheint. Durch diese Art und Weise bestätigen sie selber ihr eigenes Dasein, da die anderen Mitglieder ein ähnliches Verhalten aufweisen.

 

 

 

Doch ihr unkonventioneller Lebensstil zeigt sich nicht nur im Vandalismus, sondern vor allem in einem übermäßigen Drogenkonsum. Die Einnahme von bewusstseinserweiternder Substanzen wird durch das Gemeinschaftsgefühl verstärkt und entwickelt sich bereits zu einem Ritus, bzw. zur Gewohnheit der Erzählerin. Während der Drogenerfahrungen lesen sie beispielsweise den nahezu psychedelischen Roman „American Psycho“ und hören beruhigende Musik um sich in Trance zu versetzen. Damit konstruieren sie sich ihre eigene „Heile Welt“ und verspüren während des Rausches Glück. Allerdings kann man nicht davon sprechen, dass die Erzählerin tatsächlich glücklich ist. Während sie die Drogen nimmt, wirkt sie wie weggetreten und ihr gesamtes Verhalten zeigt, dass sie sich selber noch nicht gefunden hat. Sie weiß nicht, wer sie wirklich sein will und ihr fehlt ein Ziel, das sie anstreben kann, um ihre Lebensmotivation aufrechtzuerhalten. Dies ist auch der Grund, warum sie sich in der Clique jedes Mal aufs neue mithilfe von Rauschgiften der Realität entzieht.

 

Genauso oft wie die Joints in der Gruppe wechseln auch ihre Geschlechtspartner. Hier lässt sich ebenfalls die Ungezwungenheit in ihrem Leben ausdrücken. Doch so zwanglos sie auch leben wollen, so sehr können die Erzählerin und Stein ihre Gefühle nicht unterdrücken. Die Folge ist ein unbequemes Gefühl, während Gruppenaktivitäten und eine wechselhafte Beziehung zwischen ihr und Stein, welcher ein großes Kommunikationsproblem vorausgeht. Daher sind die Akte zwischen den Freunden, wenn Stein beteiligt war, die Situationen, in der die Erzählerin besonders Zurückhaltend ist. Das Zugehörigkeitsgefühl drängt sie allerdings dazu nicht zu intervenieren und die Tatsache, dass Stein mit jedem schläft, schlichtweg zu akzeptieren.

 

 

 

 

Hinzu kommt, dass sie in einem Umfeld von Künstlern lebt. Künstler, die vor allem andere große Künstler als Vorbilder nehmen. Doch eben auch Künstler, denen es nicht gelingt das Leben ihrer Idole von deren Werken zu trennen. Es ist nicht ungewöhnlich seinen Vorbildern nachzueifern. Doch genau hier zeigt sich ein klarer Bezug zu ihrem Lebensstil. Sie orientieren sich nicht nur an den Werken, sondern auch an den Exzessen ihrer Idole.

 

Betrachtet man die Einflüsse der Clique lassen sich viele Parallelen erkennen. Musiker wie Bowie, Regisseure wie Fassbinder, Literatur à la American Psycho oder der Kultfilm Easy Rider, alle diese Einflüsse weisen eine große Gemeinsamkeit auf. In ihnen spielt Drogenkonsum und Freizügigkeit eine zentrale Rolle und da die Clique nicht differenzieren kann, adaptieren sie dieses Verhalten und mit ihnen auch die Erzählerin (,,Easy Rider – Schritt“). Ein weiterer Aspekt, den diese Elemente auf das Leben der Erzählerin ausüben, ist der Hang zum Rebellischen. Sowohl David Bowie als auch der Roman American Psycho traten viele Kontroversen los. Fassbinder und Easy Rider stammen beide aus einer Zeit, in der sich Filmschaffende gegen die üblichen Normen auflehnten und bewusst provozierten. Sei es durch die New Hollywood – Bewegung oder durch den Aufstieg des Neudeutschen Films. Auch lässt sich in all diesen Einflüssen die Suche nach Identität wiederfinden, die auch im Leben der Erzählerin eine gravierende Rolle einnimmt. Bowie z. B. etablierte im Laufe seiner Karriere verschiedene Kunstfiguren, wie Ziggy Stardust. Grund hierfür war auch seine Identitätssuche. Wie bereits angemerkt, beschäftigt auch die Erzählerin die Suche nach ihrer wahren Persönlichkeit.

 

Es ist eine Suche, die kein Ende zu nehmen scheint und sie in die Zuflucht zu ihrer Clique und deren Gewohnheiten führt.

 

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Kommentare: 1
  • #1

    Gerald (Mittwoch, 05 Mai 2021 22:02)

    Vielen Dank, das hat mir sehr bei der Abiturvorbereitung geholfen!