Shoplifters kritik

Es ist schon lange kein Geheimnis mehr, dass das japanische Kino einige großartige Filme hervorbringt. Auch dieses Jahr stellt das japanische Familiendrama SHOPLIFTERS - FAMILIENBANDE von Hirokazu Koreeda ein weiteres Preiswürdiges Highlight 2018 dar.

 

Shoplifters erzählt die Geschichte einer Gruppe armer Kleinkrimineller, die ein kleines Mädchen bei sich aufnehmen und sich somit langsam weiter in die Kriminalität verstricken. Dabei wirft er immer wieder die Frage auf, was Familie eigentlich bedeutet. Mehr braucht man zu dieser Milieustudie/Familiendrama auch nicht zu wissen, denn je weniger man weiß, desto mehr packt einem die spätere Entwicklung, die der Film durch macht.
Bis es allerdings so weit ist und er wirklich seine Kraft entfalten kann, dauert es ein wenig. Koreeda räumt seinen Figuren enorm viel Zeit ein und konzentriert sich dabei besonders auf ihre Beziehungen untereinander. Das ist zwar unerlässlich, könnte aber einige Zuschauer abschrecken.

Da hilft es dann zum Glück, dass die Interaktionen der Charaktere untereinander so leichtfüßig und gleichzeitig so lebensecht wirken, wie man es aus einer ganz normalen Familie gewohnt ist. Man hat bewusst darauf verzichtet, die Lebenssituation der "Familienbande" übermäßig zu dramatisieren. Genau das ist die große Stärke dieses Films. Die 121 Minuten Lauflänge sind zur Hälfte mit bloßem Alltag gefüllt (Insofern man das Bestehlen von Läden als Alltag bezeichnen kann) und trotzdem geht ihm zu keinem Zeitpunkt die Luft aus... Bis er sich dann vollständig entfaltet, mich gepackt und am Ende zufrieden und bedrückt zugleich wieder losgelassen hat. Selbst Tage später noch regt er zum Nachdenken an. Mit einer zentralen Frage im Mittelpunkt: Was ist eigentlich Familie? Und wer ist überhaupt in der Lage darüber zu urteilen?
Shoplifters lässt diese Frage geschickt offen und drückt dem Zuschauer seine Botschaft nicht übermäßig dick auf.

 

Die Kamera verhält sich eher unauffällig. Die engen Straßen und schmutzigen Parkplätze Japans bieten jedoch Schauplätze für fesselnde Bilder. Zudem konzentriert sie sich (ebenso wie die Charakter-getriebene Handlung) auf die Protagonisten. Diese werden auch überzeugend gespielt. Lily Franky strahlt unheimlich viel Charisma aus und lockert dieses Thema durch seine lockere Art ein wenig auf ohne dabei an Ernsthaftigkeit einzubüßen. Das wahre Augenmerk liegt jedoch auf der Schauspielleistung des jungen Jyo Kairi und der ebenso jungen Miyu Sasaki, die hier in ihrem ersten Kinofilm mitspielen. Alle beide beweisen nämlich ein tolles Gespür für Emotionen. Jyo Kairi wurde für seine Performance sogar prompt für die Seattle Film Critics Awards nominiert.

Leider habe ich den Film nur auf Deutsch sehen können, wodurch er eventuell etwas an Charme und Schauspiel-Power eingebüßt hat. Generell ist die deutsche Synchronisation aber solide und der Streifen verliert dadurch nicht sonderlich an Schlagkraft.

Trotzdem kam es durchaus vor, dass ich nicht so genau wusste, welchen Weg Shoplifters nun beschreitet und was ich mir denn eigentlich ansehe. Das kann man mögen, es kann einen aber auch ermüden. Es erinnerte mich an ein etwas zugänglicheres Äquivalent zu Alfonso Cuaróns ebenfalls 2018 erschienen Roma. Ebenso wie Roma, bietet nämlich auch Shoplifters gegen Mitte des Films eine Szene, die mich mit großem Erstaunen zurückgelassen hat und genauso muss man sich auch auf diesen Film einlassen. Dies dürfte wohl nicht allen gelingen, eine Chance dazu hat Shoplifters aber ganz klar verdient.

 

Ob man hier also den zukünftigen Oscar-Kandidaten für den besten fremdsprachigen Film vor sich hat, wird sich wohl noch herausstellen. Fest steht aber, dass es trotz kleinem Kinosaal einer meiner persönlichen Filmhighlights 2018 war.

Aus diesem Grund möchte ich gar nicht zu viele Worte darüber verlieren, welche Details mir genau gefallen haben und welche nicht. Stattdessen möchte ich einfach jedem, der diesen Streifen nicht auf dem Schirm hatte und etwas mit Familien-/Sozialdramen anfangen kann,  Shoplifters wärmstens ans Herz legen.

Bewertung: 8/10


Hat dir der Artikel gefallen? Dann kannst du ihn gerne teilen:

Hier kannst auch DU deinen Senf dazugeben!

Kommentare: 0